Hello Emerson aus Ohio spielen subtilen, narrativen und irgendwie allumfassenden
Indie-Folk in der Songwriting-Tradition des Mittleren Westens zwischen The Mountain
Goats, Bright Eyes und Sufjan Stevens, den sie immer häufiger kammermusikalisch
verzieren. Der Singer-Songwriter der Band heißt Sam Bodary. Er hat Literatur studiert an
der Ohio State University und eine seiner Paradedisziplinen ist es, winzige Tröpfchen aus
dem wild sprudelnden Feuerwehr-Schlauch des Lebens zu isolieren und so weit
heranzuzoomen, dass sie etwas Größeres verdeutlichen und widerspiegeln.
„To Keep Him Here“ erzählt die sehr persönliche Geschichte eines Unfall des Vaters von
Sam Bodary. Er hatte angehalten, um ein paar Menschen dabei zu helfen, einen
umgestürzten Baum auf einem Highway zu beräumen. Ohne Erinnerung findet er sich
danach mit einer schweren Kopfverletzung auf einer Intensivstation wieder. Daran
schließt sich eine langwierige Rekonvaleszenzphase im Kreise der Familie an. Lange
ungewiss, in welchem Maße Persönlichkeit, körperliche und geistige Fähigkeiten
zurückkehren werden. Es war eines dieser traurigen Ereignisse, ohne wirkliche Ursache,
ohne Schuldigen und ohne Sinn, das einem ganz plötzlich die grimmigen Willkür des

Lebens vor Augen führt, die man sonst immer verdrängt. Gottseidank, das sei gleich
vorweggenommen, hat Bodarys Vater die Verletzung überstanden und erfreut sich heute
wieder guter Gesundheit. „To Keep Him Here“ ist ein Album geworden, für all diejenigen, die
so einen Anruf aus dem Krankenhaus schon einmal erhalten haben und für alle anderen, die
sich unweigerlich irgendwann in einer ähnlichen Situation mit einer nahestehenden Person
wiederfinden werden.
Das, was Hello Emerson hier tun, ist eigentlich ein hochgradig artifizieller, künstlerischer
Prozess. Sie fassen die Ereignisse weniger Tage in Songs und berichten sie ganz
linear im Albumverlauf. All das so organisch, leicht und musikalisch wirken zu lassen, ist
eine der vielen ganz erstaunlichen Leistung dieses Albums. Von Song zu Song entspinnt
sich die Erzählung, werden einzelne Situationen, Leerstellen, Gedanken und Reaktionen der
Beteiligten beleuchtet. Immer wieder durchzogen von kurzen Interludes, die auf Passagen
eines Interviews basieren, das Bodary mit seinem Vater für NPR StoryCorps geführt hat,
um die zeitlichen Abläufe und den eigenen Umgang mit dem Ereignis zu beleuchten.
Auf „To Keep Him Here“ gibt es Zeilen, die einem Tränen in die Augen treiben (lead him
to the toilet | for the first time in my life | white knuckles grip my shoulders like | a theme park
safety bar (“To Keep Him Here“)), grimmigen Humor, Alltagsbeobachtungen über
verwaiste Möbelstücke (“Couch“) und dazwischen den immer wiederkehrenden Versuch des
Songwriters, einen Sinn oder eine Lektion in all dem emotionalen Chaos zu finden.

songs won’t keep you here
when it’s your time to go
but they can stand here in your place
and keep some of your memories safe

(“Church”)

War ihr zweites Album „How to Cook Everything“ aus dem Jahr 2020 eher ein
Gemeinschaftsprodukt von 50 lokalen Musiker*innen ihrer Heimatstadt Columbus, ist „To
Keep Him Here“ vergleichsweise konzise angelegt. Die Band des Albums besteht aus dem
Sänger und Gitarristen Bodary, dem Schlagzeuger und Arrangeur Dan Seibert und Jack
Doran an Keys und Synths, ergänzt um den Bassisten Benjamin Ahlteen und das ziemlich
einzigartig besetzte kammermusikalische Quartett Knisely (Evan Lynch – Klarinette,
Helen Cates – Violine, Shine Robison – Piano, Zach Koors – Vibraphon).



Sonntag
26.
Mai '24
Eventinfos
tickets: Free Show / Collection
no entrance fee
donation recommendation: 5-10€
Genre: Folk / Singer/Songwriter

Begin: 2000
Open: 1900
Bandinfos
Genre: Folk / Singer/Songwriter

Country: United States
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